In den USA fahren längst in mehreren Städten Taxis ohne Fahrer herum – vor allem die der Google-Schwesterfirma Waymo. Nun muss die ihren ersten Rückruf starten. Grund sind zwei bizarre Unfälle mit einem abgeschleppten Wagen.
Wie von Geisterhand fährt der Wagen durch die Straßen, seine einzigen Passagiere auf der Rückbank. Am Ziel angekommen, steigen sie grußlos aus – einen Fahrer gibt es schließlich nicht. Dann fährt das autonome Taxi ohne Menschen an Bord weiter. In einigen Städten in den USA gehört das längst zum Alltag. Der zu Googles Mutterkonzern gehörende Anbieter Waymo musste nun allerdings seinen ersten Rückruf ankündigen.
Das erklärte das Unternehmen in einem Blogpost. Wegen eines schwerwiegenden Fehlers in der Software sei es zu zwei Unfällen gekommen, man habe deshalb den Rückruf bei der Behörde für Verkehrssicherheit NHTSA angemeldet. Von Dezember bis Mitte Januar habe man die gesamte Flotte mit neuer Software ausgestattet. Das Unternehen betont, dass man sich freiwillig für den Rückruf entschieden habe: Weil keines der Fahrzeuge einem Kunden gehört, sondern alle beim Betreiber bleiben, sei eigentlich keiner nötig gewesen. Man wolle auf diesem Weg aber die Öffentlichkeit informieren, so der Blogpost.
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Waymo-Taxen crashen in Minuten in dasselbe Auto
Nötig wurde die Aktion wegen zwei Unfällen, zu denen es Anfang Dezember in Phoenix, Arizona gekommen sei, erklärt das Unternehmen. Dort waren gleich zwei der Robo-Taxen innerhalb weniger Minuten mit einem Pick-up-Truck verunfallt – und zwar mit demselben. Zum Glück blieb es bei leichten Schäden, Menschen wurden nicht verletzt.
Die Umstände der Unfälle sind allerdings mehr als merkwürdig. Waymo zufolge war der Unfall-Pick-up verkehrt herum unterwegs, er wurde gerade abgeschleppt. Offenbar sorgte das dafür, dass das autonome Taxi den Wagen nicht ordentlich erkannte. Und in ihn hineinfuhr. Nach der Kollision hielt es dann an. Der Abschleppwagen fuhr mit dem anderen Unfall-Wagen allerdings einfach weiter. Nur wenige Minuten später passierte genau das Gleiche mit dem zweiten Waymo-Fahrzeug.
Natürlich ist das „ungewöhnliche Szenario“, wie Waymo es nennt, keine vollständige Erklärung. Schließlich sollten die Taxen auch dann nicht in Gegenstände fahren, wenn sie nicht korrekt als Autos identifiziert werden. Bei der Ursachensuche erkannte Waymo dann das Problem: Weil der Truck optisch verkehrt herum zur Fahrtrichtung fuhr, hatten die Robo-Taxen die zu erwartenden Bewegungen des Fahrzeugs falsch vorhergesagt. Das nun eingespielte Software-Update soll das nun beheben.
Immer wieder Ärger
Waymo ist nicht der erste Anbieter autonomer Wagen, der Probleme mit der Erkennung anderer Fahrzeuge hat. Der Taxi-Konkurrent Cruise etwa machte immer wieder Schlagzeilen wegen Unfällen und Störungen. Letztes Jahr entdeckte etwa einer der Wagen beim Abbiegen ein Löschfahrzeug im Einsatz zu spät und krachte trotz Blaulicht mit ihm zusammen (hier erfahren Sie mehr).
Noch skurriler und auch potenziell gefährlicher ist ein Problem mit dem Autopilot von Tesla. Das sogenannte „Full Self Driving“-Feature von Elon Musks Elektro-Fahrzeugen erkannte immer wieder am Straßenrand stehende Rettungsfahrzeuge wie Krankenwagen oder Feuerwehrautos nicht – und raste teils ungebremst in sie hinein. Diese Unfälle traten so häufig auf, dass sich sogar eine Sonderuntersuchung der NHTSA damit befasst (hier lesen Sie den ganzen Fall).
Schlechte Woche für Waymo
Für Waymo kommt die Meldung indes zu einer eher unglücklichen Zeit. Nachdem Konkurrent Cruise lange die negativen Schlagzeilen beherrschte – und im Herbst sogar seine Lizenz für den Einsatz in San Francisco verlor –, machte Waymo nun in einer Woche gleich mehrfach von sich reden.
Am Dienstag überfuhr ein Waymo-Fahrzeug in San Francisco einen Radfahrer, verletzte ihn zum Glück nur leicht. Am Samstag entlud sich in einer Partymeile der Stadt die Wut der Bürger über die selbstfahrenden Wagen: Unter dem Jubeln der Menge schlugen Randalierer einem der Wagen die Scheiben ein – und setzten ihn schließlich in Brand. Auch wenn sich Waymo in diesem Fall nichts zuschulden kommen ließ: Dem Ruf der Firma helfen solche Meldungen sicher nicht.
Quellen:Waymo, Techcrunch, The Verge