Der Shisha-Branche droht eine Insolvenzwelle. Wegen strenger Verpackungsregeln sinkt die Nachfrage. Konsumenten kaufen zunehmend Schwarzmarkt-Produkte.
Shisha-Bars gehören mittlerweile in so gut wie jeder deutschen Stadt zum Straßenbild. Doch bald könnten die süßlichen Rauchschwaden verfliegen: Den deutschen Shisha-Bars sowie Herstellern und Händlern droht eine Pleitewelle. Davor warnt der Bundesverband Wasserpfeifentabak. Im Handel seien die Verkaufszahlen für Wasserpfeifentabak bereits massiv eingebrochen. „Hier verzeichnen wir bereits jetzt zahlreiche Insolvenzen,“ sagte der Geschäftsführer des Branchenverbands Folke Rega auf Anfrage von Capital. Grund seien vor allem Zusatzsteuern und eine Verpackungsvorschrift, die Mitte 2022 in Kraft getreten ist.
Seitdem darf Tabak für Wasserpfeifen nur noch in Einzeldosen-Verpackungen zu je 25 Gramm Tabak verkauft werden anstatt in großen Gebinden. Nach Schätzungen des Branchenverbands habe sich dadurch der Preis für Konsumenten binnen zwei Jahren verdoppelt. Zahlten sie früher 80 bis 100 Euro pro Kilo Shisha-Tabak, liege der Kilopreis mittlerweile bei 160 bis 170 Euro.
Für Shisha-Bars habe sich der Einkaufspreis sogar vervierfacht, berichtet der Bundesverband Wasserpfeifentabak. „Viele Betreiber scheuen sich aber auch, die Kosten an die Konsumenten weiterzugeben“, sagt Folke Rega. „Die Bars, die den Preis bereits erhöht haben, haben mit deutlichen Umsatzrückgängen zu kämpfen.“ Allerdings finde dort lediglich 25 Prozent des Konsums statt.
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Einbruch der Steuereinnahmen
Laut dem Statistischen Bundesamt lag der Absatz von Wasserpfeifentabak im gesamten Jahr 2023 bei netto 727,7 Tonnen. Im ersten Halbjahr 2023 wurden 304 Tonnen versteuert. Bis Ende Juni durften Händler und Hersteller noch ihre Restbestände von Shisha-Tabak in größeren Verpackungen verkaufen. Üblich waren Packungen mit einer Füllmenge von 200 Gramm. Im zweiten Halbjahr, in dem nur noch der Verkauf von kleinen 25 Gramm Einzelpackungen erlaubt war, lag die Absatzmenge bei 424 Tonnen. Im Vorjahr 2022 wurden netto, also nach Abzug von Rückerstattungen, Steuerzeichen für 893 Tonnen Wasserpfeifentabak ausgegeben.
Wie schlecht es tatsächlich um die Wasserpfeifen-Branche steht, zeigt der Vergleich mit den Zahlen aus 2021, als die in Deutschland versteuerte Menge noch bei 6914 Tonnen lag. Laut Bundesverband Wasserpfeifentabak erzielte der Bund damit Steuereinnahmen zwischen 290 und 320 Mio. Euro zuzüglich Umsatzsteuer. Damals gehörte Wasserpfeifentabak steuerlich noch zur Kategorie Pfeifentabak.
Erst 2022 erhielt Shisha-Tabak eine eigene Kategorie im Steuerrecht, indem der Bund eine Zusatzsteuer einführte. Diese lag zunächst bei 15 Euro pro Kilogramm und beträgt seit 2023 bei 19 Euro je Kilo. Mit sinkendem Absatz brachen folglich auch die Steuereinnahmen ein: Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes erzielte der Bund mit der Steuer auf Wasserpfeifentabak im Jahr 2023 gerade einmal 41 Mio. Euro, 2022 lagen die Einnahmen auch nur bei 42 Mio. Euro. Eigentlich hatte der Gesetzgeber mit deutlichen Mehreinnahmen gerechnet, schließlich fallen bei kleinen Portionen proportional mehr Tabaksteuern an als bei den großen Tabakdosen.
Schwarzmarkt floriert
Die Steuer auf Wasserpfeifentabak sowie die Verpackungsverordnung haben allerdings nicht den Konsum gedrückt: Nach Informationen des Branchenverbands sind die Verkaufszahlen von Shisha-Kohle weiterhin stabil. Da die Kohle lediglich für Wasserpfeifen brauchbar sei, scheinen Konsumenten weiter zu paffen, allerdings mit illegalem Tabak. Kundinnen und Kunden weichen auf illegale Produkte aus, um Geld zu sparen. Der Bundesverband Wasserpfeifentabak schätzt, dass Schwarzmarkttabak mittlerweile einen Anteil von rund 80 Prozent am deutschen Markt einnimmt. Selbst Betreiber von Shisha-Bars würde auf den illegalen Markt ausweichen, „um weiter existieren zu können“, sagt Verbandsgeschäftsführer Rega zu Capital.
Die illegale Herstellung von Wasserpfeifentabak für den Schwarzmarkt sei in den vergangenen Monaten „besonders lukrativ“ geworden, so Rega weiter. Während die Herstellungskosten niedrig blieben, sei der Verkaufspreis auch auf dem Schwarzmarkt gestiegen. Schwarzmarktakteure können hohe Gewinnmargen einstreichen. Kundinnen und Kunden kaufen mit den illegalen Produkten aber auch Gesundheitsrisiken mit. Diese können verunreinigte Inhaltsstoffe beinhalten und werden unter Umständen unter unhygienischen Bedingungen produziert.
Bundesverband fordert Rücknahme der Mengengrenzen
Zu Capital sagt Rega, der Staat habe „die Kontrolle über einen einst funktionierenden Markt verloren“ und setze Konsumenten „völlig verantwortungslos den Gefahren von illegal hergestellten und gepanschten Produkten aus, ohne diese überwachen zu können“. Der illegale Handel bewerbe seine Produkte etwa über die sozialen Netzwerke. Aber auch stationär seien Schwarzmarkthändler vertreten, etwa in Shisha-Shops und Kiosken. Die Verkäufer lagerten illegalen Tabak oft außerhalb der Shops und tätigten ihre Geschäfte dann in Privatwohnungen oder auf der Straße aus dem Kofferraum heraus.
Als Gegenmaßnahme fordert der Verband vom Bund die sofortige Aufhebung der Mengenbegrenzung und die Abschaffung der Zusatzbesteuerung: „Legale Strukturen zu zerstören und durch illegale zu ersetzen kann nicht im Sinne einer verantwortungsvollen Bundesregierung sein.“
Dieser Artikel erschien zuerst im Wirtschaftsmagazin „Capital“, das wie der stern Teil von RTL Deutschland ist.