Bei seiner Wiederwahlkampagne 2012 überzog das Team des damaligen französischen Präsidenten die gedeckelten Kosten massiv. Sarkozy wird wieder verurteilt. Doch das letzte Wort ist nicht gesprochen.
Frankreichs Ex-Präsident Nicolas Sarkozy führt seinen Kampf mit der Justiz um überhöhte Wahlkampfkosten fort. Im Berufungsverfahren verhängte das Pariser Gericht am Mittwoch wegen illegaler Wahlkampffinanzierung eine einjährige Haftstrafe gegen den 69-Jährigen, davon sechs Monate auf Bewährung.
Obwohl das Strafmaß etwas milder als in erster Instanz war, ging der 69-jährige Altpräsident in Revision. Die neun weiteren Angeklagten erhielten in dem Berufungsverfahren Haft- und Bewährungsstrafen von bis zu zwei Jahren. Sarkozy schüttelte bereits bei den Urteilssprüchen gegen seine Mitangeklagten den Kopf und wirkte nach der Entscheidung betroffen.
„Nicolas Sarkozy ist in Bezug auf das, was man ihm in diesem Fall vorwirft, vollkommen unschuldig“, sagte Anwalt Vincent Desry nach der Verkündigung des Urteils. „Er führt seinen Kampf weiter.“ Revision sei vor dem Kassationsgericht, dem obersten französischen Gericht, eingereicht worden.
Gericht: Kostengrenze um 20 Millionen überschritten
Das Verfahren dreht sich um die gescheiterte Wiederwahl Sarkozys zum Präsidenten 2012. Die Ausgaben für den Wahlkampf sind in Frankreich gedeckelt, um mehr Chancengleichheit zwischen den Kandidatinnen und Kandidaten zu schaffen. 2012 lag die erlaubte Obergrenze bei 22,5 Millionen Euro. Die Vorsitzende Richterin Pascaline Chamboncel-Saligue sagte, Sarkozys Team habe diese Kostengrenze mindestens um rund 20 Millionen Euro überschritten. Um die Mehrausgaben zu vertuschen, sollen Ausgaben durch ein System fiktiver Rechnungen von seiner Partei UMP – inzwischen in Les Républicains umbenannt – getarnt worden sein. Erfunden haben soll Sarkozy das System zwar nicht, aber wichtige Hinweise soll er ignoriert haben. Sarkozy hatte die Vorwürfe stets zurückgewiesen.
In erster Instanz war Sarkozy vor mehr als zwei Jahren zu einem Jahr Haft ohne Bewährung verurteilt worden. Laut Berufungsgericht hätte der Konservative die Strafe nicht im Gefängnis absitzen müssen. Über die Form der Haftumwandlung wäre noch entschieden worden. Der Vollzug der Strafe wird wegen der Revision nun vorerst ausgesetzt.
Auch wenn das Strafmaß geringer als in erster Instanz war, ging das Gericht mit seinem Urteil gegen Sarkozy über die Forderung der Anklage hinaus. Diese hatte für eine einjährige Bewährungsstrafe plädiert. Sarkozys Verteidigung hatte Freispruch verlangt. Anwalt Desry nannte das Urteil sehr fraglich. Sarkozy habe keine Mittel gebunden und er habe nicht gewusst, dass die Kostengrenze überschritten wurde.
Wahlkampfmittel aus Libyen?
Bereits seit Jahren liegt der skandalumwitterte ehemalige Star der bürgerlichen Rechten mit der französischen Justiz im Streit. Im Mai vergangenen Jahres bestätigte ein Berufungsgericht eine dreijährige Haftstrafe wegen Bestechung und unerlaubter Einflussnahme gegen ihn, davon zwei Jahre auf Bewährung. Sarkozy ging in Revision.
Anfang des kommenden Jahres soll Sarkozy in einer weiteren pikanten Affäre auf die Anklagebank. Weil er 2007 aus Libyen zu Zeiten des damaligen Machthabers Muammar al-Gaddafi Geld für den Wahlkampf erhalten haben soll, ordneten Ermittlungsrichter einen Prozess gegen ihn und weitere Verdächtige an. Sie werfen dem Altpräsidenten illegale Wahlkampffinanzierung, Veruntreuung öffentlicher Gelder und Bestechlichkeit vor. Sarkozy bestritt auch diese Vorwürfe.
Schon die Amtszeit des Konservativen im Élyséepalast von 2007 bis 2012 war geprägt von Affären um reiche Freunde, maßlose Regierungsmitglieder und Vetternwirtschaft. Der einstige Hoffnungsträger der Rechten verlor die Wiederwahl zum Präsidenten schließlich 2012 gegen den Sozialisten François Hollande. Fünf Jahre später scheiterte er bereits im parteiinternen Auswahlverfahren für die Präsidentenwahl. Obwohl Sarkozy keine Ämter mehr hat, sehen zahlreiche Anhänger der bürgerlichen Rechten in „Sarko“, wie er im Volksmund genannt wird, eine Galionsfigur. Immer wieder gibt es auch Berichte über Gespräche zwischen Sarkozy und dem aktuellen französischen Präsidenten Emmanuel Macron.