Berlin Alexanderplatz: Hilfesuchender in Polizeiwache misshandelt – vier Beamte angeklagt

Ein 21-Jähriger wollte der Polizei den Verlust seines Portemonnaies melden. Kurz darauf wurde er in der Wache von vier Beamten misshandelt, meldet die Staatsanwaltschaft Berlin. Auf die Polizisten warten nun Konsequenzen.

Weil sie einen hilfesuchenden Mann misshandelt haben sollen, hat die Staatsanwaltschaft Berlin Anklage gegen vier Polizisten erhoben. Die Tat soll sich im Juli 2021 nachts in der Wache am Alexanderplatz zugetragen haben, wie die Staatsanwaltschaft am Mittwoch mitteilte. Das spätere Opfer, ein 21-Jähriger, sei dort gewesen, um den Verlust seines Geldbeutels zu melden.

Dabei kam es den Angaben zufolge offenbar zu der Auseinandersetzung. Der nun Hauptangeschuldigte, ein inzwischen 35-Jähriger, soll das Opfer mit einem kraftvollen Schlag zu Boden gebracht haben und ihn dort weiter angegangen sein. Drei seiner Kollegen sollen dieses Vorgehen gesichert und so dem 35-Jährigen die weitere Misshandlung des Geschädigten ermöglicht haben. Dieser sei zwischendurch sogar bewusstlos geworden, teilte die Staatsanwaltschaft mit.

Berliner Polizisten sollen unrechtmäßig ein Ermittlungsverfahren eingeleitet haben

Danach sollen sich alle vier eine Geschichte ausgedacht haben – wohl auch, um die vorherigen Geschehnisse in einem anderen Licht erscheinen zu lassen, wie die Staatsanwaltschaft erklärte. Die Polizisten beschlossen demnach zu behaupten, dass der 21-Jährige ein Feuerzeug und ein Handy nach ihnen geworfen habe. Sie hätten ein Ermittlungsverfahren wegen tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte eingeleitet. Der Mann sei festgehalten und gefesselt worden, dann sei sein Atemalkohol gemessen worden.Die „Black Lives Matter“-Bewegung in Bildern 20.19

Später hätten die Polizisten die Rufbereitschaft der Staatsanwaltschaft kontaktiert mit dem Vorschlag, eine Blutentnahme anzuordnen. Dem dort diensthabenden Mitarbeiter hätten sie die Unwahrheit gesagt und angegeben, dass der Geschädigte nun doch mit der Blutentnahme einverstanden sei. Trotzdem sollen die Polizisten vermerkt haben, dass die Blutentnahme durch den Staatsanwalt angeordnet worden sei. Dem 21-Jährigen sei ohne Rechtsgrundlage oder Einwilligung Blut abgenommen worden.

Er erstattete später Anzeige. Im Juni 2022 wurde die Wache durchsucht. Der 35 Jahre alte Angeschuldigte soll den Polizeidienst bereits freiwillig quittiert haben, wie die Staatsanwaltschaft angab. In einem anderen Verfahren sei er zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt worden, dieses Urteil sei aber noch nicht rechtskräftig.STERN PAID Interview Kriminologe Polizeigewalt  19.45

Der Vorwurf gegen ihn lautet auf Körperverletzung im Amt in Tateinheit mit Nötigung. Gegen ihn und seine drei ehemaligen Kollegen im Alter von 26, 27 und 30 Jahren wurde außerdem Anklage wegen gemeinschaftlicher Körperverletzung im Amt sowie Verfolgung Unschuldiger, Nötigung im Amt und Freiheitsberaubung erhoben. Über die Zulassung der Anklage und den Beginn eines Hauptverfahrens entscheidet nun das Landgericht Berlin.

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