Samba-Rhythmen und farbenfrohe Kostüme erobern das Sambodrom von Rio de Janeiro: Es ist Halbzeit beim berühmten Karneval in Brasilien. Die Umzüge dienen nicht nur der Unterhaltung.
Heiße Rhythmen, Tausende Kostümierte und lautstarke Samba-Klänge: In Rio de Janeiro haben am Freitag die weltberühmten Umzüge im Sambodrom begonnen. Den Anfang machte dabei am Freitagabend (Ortszeit) die Schule „União do Parque Acari“. Sie erzählte bei ihrem Umzug bei sternenklarer Nacht die Geschichte von „Ilê Aiyê – 50 Jahre Kampf und Widerstand“. Brasiliens erster Afro-Block ist ein Symbol der schwarzen Kultur und des Widerstands gegen die Diskriminierung der schwarzen brasilianischen Bevölkerung.
Sieben weitere Sambaschulen, die sich für die Aufstiegsklasse des Umzugs qualifiziert hatten, traten bis in die frühen Morgenstunden am Samstag auf und nahmen die Zuschauer mit ihren prächtigen Wagen mit in eine andere Welt. Auch in anderen brasilianischen Metropolen wie Recife, Salvador und São Paulo begeisterte der Karneval die Massen.
Die zwölf Top-Schulen traten am Sonntag und Montag auf. Zehntausende auf der Tribüne sowie Millionen vor dem Fernseher in Brasilien und auf der ganzen Welt verfolgen für gewöhnlich die Umzüge auf dem überdimensionalen Laufsteg, den der berühmte brasilianische Architekt Oscar Niemeyer 1984 entworfen hatte. Dieses Jahr feiert die Tribünenstraße 40-jähriges Jubiläum.Interview Hirschfelder 18.13
Politische Botschaften bei den Karnevalsumzügen sind nicht ungewöhnlich
Die Sambaschule „Acadêmicos do Salgueiro“ forderte bei einem Auftritt, den illegalen Bergbau im Amazonas-Gebiet zu stoppen. In der Nacht zu Montag traten die Karnevalstänzer zusammen mit Angehörigen des indigenen Volkes der Yanomami auf. Die Gesichter der Tänzerinnen und Tänzer waren auf traditionelle Art rot bemalt, auf den Trommeln der Schlagzeuger waren die Worte „Bergleute raus“ zu lesen. Das Territorium der Yanomami ist mit fast zehn Millionen Hektar eines der größten Schutzgebiete für indigene Gemeinschaften in Brasilien, die Menschen dort sind mit Problemen wie Unterernährung und Malaria konfrontiert, auch Eindringlinge wie nicht erlaubte Goldgräber sind eine Gefahr.
Rios Bürgermeister Eduardo Paes hatte am Donnerstag mit der Übergabe der Stadtschlüssel an „König Momo“, die Symbolfigur des Karnevals, das bunte Treiben am Zuckerhut offiziell eingeläutet. Dieser Prozess wurde sogar in einem Dekret, das in einer Sonderausgabe des Amtsblattes veröffentlicht wurde, festgehalten.
Sieben Millionen Menschen zu Besuch in Rio de Janeiro
Der Karneval von Rio ist die größte Party der Welt, die Stadtverwaltung erwartet insgesamt sieben Millionen Menschen in der Stadt. Es wird geschätzt, dass der Karneval einen wirtschaftlichen Umsatz von fünf Milliarden Reais (etwa 934 Millionen Euro) generieren wird – mit Dienstleistungen, die direkt oder indirekt mit den Feierlichkeiten verbunden sind. Hotels würden während der Festtage zu 85 Prozent ausgelastet sein, hieß es. Schon am Wochenende vorher stimmten sich die „Cariocas“, wie die Einwohner Rios heißen, und Touristen mit Musikern und Tänzern in den Straßen verschiedener Stadtteile auf den Karneval ein. Auf der Südhalbkugel ist derzeit Hochsommer – über 30 Grad zeigte das Thermometer am Freitag am Zuckerhut an.PAID Armut und Hunger Brasilien 15.50
Beim Straßenkarneval werden in den kommenden Tagen Dutzende Karnevalsgruppen – die sogenannten Blocos – durch die Straßen der Stadtteile ziehen, um für Stimmung zu sorgen. Die „Blocos“ bilden seit jeher so etwas wie einen parallelen Karneval zu den streng reglementierten Umzügen im Sambodrom, bei denen eine Jury wie beim Eiskunstlauf Noten vergibt. 453 Umzüge genehmigte die Stadtverwaltung in dieser Saison. „Rio de Janeiro nutzt den Karneval, um der Welt das Beste zu zeigen, was die Stadt zu bieten hat“, sagte Ronnie Costa, Präsident der Tourismus-Agentur Riotur, die für die Organisation des Karnevals zuständig ist.
Der diesjährige Karneval ist deswegen auch nach Angaben der Stadtverwaltung mit 62,5 Millionen Reais (rund 11,6 Millionen Euro) die größte Karnevals-Investition in der Geschichte des Bundesstaates. Die Karnevalskünstler hätten sich im Laufe des Jahres insgesamt 960 Stunden vorbereitet. Die Planung beginne mehr als vier Monate im Voraus, „um sicherzustellen, dass das Fest brillant wird“, sagte Costa.