Weiße Rosen und Kerzen erinnern an die Opfer der Bombenangriffe auf Dresden. Sie sind auch ein Zeichen für Versöhnung. 79 Jahre nach dem Angriff ist die Sehnsucht nach Frieden in der Welt weiter groß.
Dresden und Sachsen haben die Erinnerung an die Zerstörung der Elbestadt 1945 mit der Aufforderung zum friedlichen Miteinander und Widerstand gegen Rechtspopulismus und Nationalismus verbunden. Der mit „Gemeinsam wachsam“ überschriebene Jahrestag begann mit Kranzniederlegungen und Gedenkfeiern für die Toten der Luftangriffe. In der Dresdner Innenstadt versammelten sich bis zum Mittag zahlreiche Menschen an den Orten, die mit dem Geschehen vor 79 Jahren verbunden sind. Am Abend dann reihten sich nach Angaben der Stadt rund 13 000 Bürger in die traditionelle Menschenkette um die Altstadt ein, darunter auch Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU), die britische Botschafterin Jill Gallard und eine Delegation aus Coventry.
Britische und amerikanische Bomber hatten Dresden am 13. Februar 1945 und den Tagen darauf in Schutt und Asche gelegt. Die genaue Zahl der Opfer konnte nie ermittelt werden. Nach Erkenntnissen von Historikern kamen bis zu 25 000 Menschen ums Leben, die Trümmerfläche umfasste zwölf Quadratkilometer. Bis zu dem Luftangriff war „Elbflorenz“ von Zerstörungen weitgehend verschont geblieben. Rechtsextreme rechnen die Opferzahlen künstlich hoch und versuchen damit, ein Kriegsverbrechen der Alliierten zu konstruieren.
Sozialministerin Petra Köpping (SPD) rief am Vorabend des Jahrestages dazu auf, sich dem entgegenzustellen und „ein starkes Signal aufrichtigen Gedenkens und mahnenden Innehaltens“ aus Dresden zu senden. Die Deutschen hätten eine besondere Verantwortung für den Frieden in Europa und weltweit, sagte Köpping. Die Kriege in Nahost und in der Ukraine mahnten eindringlich, wie wertvoll und zugleich zerbrechlich Frieden sein könne.
In Erinnerung an das Geschehen vor 79 Jahren legten Vertreter der Stadt und des Freistaates an letzten Ruhestätten der Opfer Blumen und Kränze nieder. Auf dem Heidefriedhof, der letzten Ruhestätte der meisten Toten der Luftangriffe, säumten zahlreiche weiße Rosen die Denk- und Mahnmale. Am stillen Gedenken des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge auf dem Nordfriedhof nahmen Landtagspräsident Matthias Rößler und Kultusminister Christian Piwarz (CDU) teil. Dort sind vor allem Feuerwehrleute, Soldaten und Schutzpolizisten bestattet.
Auch an der wiederaufgebauten Frauenkirche lagen weiße Rosen neben flackernden Grablichtern. Das Gotteshaus gilt als Mahnmal der Angriffe und wurde auch mit Spenden von den einstigen Alliierten nach 1990 originalgetreu wiedererrichtet. Dort wurde die übliche „Nacht der Stille“ diesmal zur „Nacht der Stimmen“ für die Demokratie. Rund 200 Menschen folgten am Nachmittag der Einladung der Dresdner Philharmonie zum Bürgersingen „gegen Hass, Gewalt und für Frieden und Versöhnung“. Der vielstimmige Chor intonierte Lieder wie „Sag mir, wo die Blumen sind“, „Die Gedanken sind frei“ oder „We shall overcome“.
Um 18.00 Uhr reichten sich Zigtausende die Hände zur Menschenkette, die seit über einem Jahrzehnt am Gedenktag Tradition hat. Zum Geläut der Innenstadtkirche standen sie für einige Minuten zusammen im Gedenken an die Opfer vom 13. Februar 1945 in Dresden, aber auch an die Opfer deutscher Bomben 1940 in Dresdens englischer Partnerschaft Coventry.
Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) mahnte bei einer Kundgebung zuvor zur Wachsamkeit. Die Demokratie sei kein Garant dafür, Diktaturen oder ein Unrechtsregime zu verhindern. „Der Nationalsozialismus wurde bei freien und demokratischen Wahlen von einem großen Teil der Bevölkerung eingeladen, zur stärksten politischen Kraft zu werden. Alles, was darauf folgte, hatte seinen Ursprung in einer demokratischen Abstimmung“, erinnerte er.
Die Menschenkette schließe sich um die Innenstadt, damit die Erinnerung an die Opfer der Nazi-Herrschaft und des Krieges nicht instrumentalisiert und von alten wie neuen Nationalisten umgedeutet werde, sagte Hilbert (FDP). „Wir stehen hier, weil es immer mehr politische Extremisten in unserem Land gibt, die unsere demokratische Verfassung infrage stellen.“
Die Rektorin der Technischen Universität (TU) Dresden, Ursula Staudinger, nannte die Menschenkette „eine Wächterin der Demokratie“. Es dürfe nicht hingenommen werden, dass Menschenverachtung, Antisemitismus, Rassismus und Verletzung der Menschenwürde wieder salonfähig würden.
Rechtsextreme missbrauchen das Dresden-Gedenken schon länger für ihre Zwecke und wollen mit Aufmärschen die Schuld Deutschlands am Zweiten Weltkrieg relativieren. Tausende Menschen hatten sich bereits am Sonntag einem Aufzug von Neonazis zum 13. Februar entgegengestellt. Am Jahrestag dominierte bis zum frühen Abend das stille Gedenken. „Es gab keine Störungen“, sagte ein Sprecher der Polizei. Die ist noch bis in die Nacht verstärkt präsent. Kurz vor 22.00 Uhr, dem Zeitpunkt des ersten Angriffs knapp drei Monate vor Kriegsende, sollen die Glocken der Innenstadtkirchen noch einmal läuten – auch in Erinnerung an die Millionen Opfer der Gewaltherrschaft der Nazis und globaler Krisen.
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