Wird das Kapitel Thomas Tuchel in München bald wieder geschlossen? Ein Nachfolgername kursiert bereits, er hat Stallgeruch. Sollte der FC-Bayern-Trainer gehen müssen, dann aus den gleichen Gründen wie bei Paris Saint-Germain und dem FC Chelsea.
Wenn an der Säbener Straße in München Krisenstimmung herrscht, und das ist immer der Fall, wenn der FC Bayern nicht von der Bundesligaspitze grüßt, dann fällt den Chefs meist nur eines ein: Stallgeruch. Das war so, als der experimentierfreudige Blender Jürgen Klinsmann erfolglos die Mannschaft trainierte und vom Altmeister Jupp Heynckes abgelöst wurde. Das war so, als der strenge Louis van Gaal auf der Bank saß und ihn, natürlich Jupp Heynckes, ersetzte. Das war so, als Trainerhoffnung Niko Kovac gehen musste, und auf ihn Vereinsurgestein Hansi Flick folgte. Nur nach Julian Nagelsmann kam Thomas Tuchel; einer mit Sachverstand, aber ohne Mia-san-mia im Gepäck.
Bundesliga: Leverkusen vs. München20.40
In München kursiert schon ein Nachfolge-Name
Nur leider garantieren in München auch Pokale, Meisterschaften und selbst Champions-League-Siege bei anderen Klubs keinen Erfolg. Wie auch schon Carlo Ancelotti zu spüren bekam (der einst auch von, seufz, Jupp Heynckes ersetzt wurde). Und obwohl Tuchels Team noch 13 Spieltage Zeit hat, schlappe fünf Punkte auf Bayer Leverkusen aufzuholen und jetzt am Mittwoch im Champions-League-Achtelfinale nur das bezwingbare Lazio Rom vor der Brust hat, ist im Münchener Umfeld schon wieder von möglichen Nachfolgern zu hören, natürlich auch von einem mit Stallgeruch: Hansi Flick.
Als Bundestrainer ein Missverständnis, übertrumpfte er einst bei den Bayern sogar noch die Vereinstrainerlegende Heynckes: Sage und schreibe sechs Titel holte er vor wenigen Jahren mit den Münchenern. Und genauso wichtig: Er war eindeutig ein Mia aus dem „Mia san mia“-Gefüge und damit das Gegenteil von Thomas Tuchel. Nicht erst in München zeigt sich, dass der einstige Welttrainer des Jahres sich mit seinen Eigenarten immer wieder selbst im Weg steht.
Sowohl bei Borussia Dortmund, als auch bei Paris Saint-Germain und beim FC Chelsea hat Tuchel immer relativ schnell die „Kabine verloren“, wie es so schön heißt. Die Gründe waren meist dieselben: Allzu oft gab er den harschen Nörgler, selbst wenn es gut lief. Mit seinen taktischen Umbauten opferte er zu oft auch gestandene Spieler, die sich entsprechend zur Wehr setzten und/oder schlechte Laune verbreiteten – ohne dass Tuchel ihnen erklärte, warum genau sie gerade nicht die erhoffte Rolle spielten.
Thomas Tuchel der Starvergrätzer
Bei Chelsea etwa vergraulte Tuchel Stürmer Romelu Lukaku, bei den Bayern wurden Thomas Müller, Leon Goretzka und Joshua Kimmich auf die Bank verbannt, was der Stimmung im Mannschaftsgefüge nicht hilft – vor allem jetzt, während den Bayern zudem das Verletzungspech an den Schuhen klebt.In München treffen die Ausfälle vor allem die Verteidigung. Weshalb die in der laufenden Spielzeit nie die Chance hatte, die nötigen Routinen zu entwickeln. Bei der bösen 3:0-Niederlage gegen Spitzenreiter Bayer Leverkusen baute Tuchel die wackelige Abwehr noch mal um und stellte mit Dayot Upamecano einen frischgenesenen Innenverteidiger auf, während Routinier Matthijs de Ligt zuschauen durfte. Folge: Die Dreierkette Upamecano, Eric Dier und Minjae Kim stand der Bayer-Offensive nahezu chancenlos gegenüber.
Bayern Leverkusen Pressestimmen 12.58
Gut, auch ein Tuchel kann sich mal vercoachen, doch ein anderes Muster wiederholt sich in seiner Karriere häufig: Spätestens im zweiten Jahr seiner Stationen kommt die zunächst rasante Mannschaftsentwicklung zum Stillstand: In Paris war der Teamerfolg selten einer des Kollektivs, sondern hing immer von Ausnahmekönnern wie Neymar oder Kylian Mbappé ab. In London folgte auf den Triumph der Fall und in München folgte auf die glückliche Meisterschaft kein Durchmarsch sondern nur ein (bislang) zweiter Platz.
Und noch ein typischer Umstand könnte Thomas Tuchel mehr oder weniger bald den Trainerstuhl kosten: mangelnde Wertschätzung. Darüber beklagte er sich überall, etwa in Dortmund, woraufhin BVB-Chef Aki Watzke sagte, dass Tuchel halt ein „schwieriger Mensch“ sei. Ein Zwist, der auch mit der Personalpolitik des Vereins zu tun hatte, über die sich Tuchel ebenfalls regelmäßig beschwerte. Zerwürfnisse zwischen ihm, der Mannschaft und der Klubführung sind die Regel, nicht die Ausnahme.