Covid-19: Illegale Abriegelung von Wohnblock – Bewohner fordern Schmerzensgeld

In der Hochphase der Pandemie wird in Göttingen wegen eines starken Infektionsgeschehens ein Wohnblock abgeriegelt – zu Unrecht, wie ein Gericht feststellte. Viele Bewohner fordern nun Schmerzensgeld.

Weil sie während der Corona-Pandemie einen Wohnblock rechtswidrig abriegelte, liegen gegen die Stadt Göttingen nun 45 Klagen auf Schmerzensgeld vor. Die Kläger fordern circa 1000 Euro pro Tag, an dem sie eingesperrt waren, wie das Landgericht Göttingen am Freitag mitteilte. Das Gebäude war den Angaben nach vom 18. bis 22. Juni 2020 unter anderem mit Bauzäunen abgeriegelt, nachdem mehr als 100 Bewohner positiv auf das Coronavirus getestet wurden.

In 44 der Verfahren klagen Bewohnerinnen und Bewohner des Wohnblocks. Im übrigen Verfahren klagt ein Rechtsanwalt stellvertretend für mehrere weitere Bewohner. Beklagt wird jeweils, dass die Menschen hungern mussten und Schmerzen hatten, weil sie keine Zeit hatten, um Vorräte an Essen und Medikamenten anzulegen. Darüber hinaus beklagen die Menschen, dass sie öffentlich zur Schau gestellt wurden und ihre Wohnungen zu klein seien, um sich dort bei sommerlichen Temperaturen aufzuhalten.

In 40 Fällen wurden Prozesskostenhilfeanträge gestellt und abgelehnt. Die Kläger hätten dadurch Geld bekommen können, um sich das Gerichtsverfahren zu leisten. Die zuständige Kammer des Landgerichts Göttingen lehnte die Anträge allerdings ab, da die Aussichten auf Erfolg in den Schmerzensgeldklagen nicht gut genug seien.

„Ein rechtswidriges Verwaltungshandeln hat nicht automatisch die Entstehung von zivilrechtlichen Schmerzensgeldansprüchen zur Folge“, teilte das Gericht mit. Die Kläger hätten auch ohne die Abriegelung des Wohnblocks ihre Wohnungen nicht verlassen dürfen. Und: Die Quarantäne-Anordnung sei rechtens gewesen. Die Entscheidung ist allerdings noch nicht rechtskräftig.

Im Dezember hatte das Göttinger Verwaltungsgericht die Abriegelung des Wohnblocks durch Bauzäune und Polizeiüberwachung als rechtswidrig beurteilt. „Unmittelbare Konsequenzen ergeben sich durch das Urteil nicht“, sagte ein Sprecher damals.

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