Sonderermittler klagt Biden nicht an – merkt aber schlechtes Gedächtnis an

US-Präsident Joe Biden wird in der Affäre um die Aufbewahrung geheimer Dokumente nicht angeklagt – ist vom zuständigen Sonderermittler aber mit wenig schmeichelhaften Anmerkungen zu seinem Gedächtnis bedacht worden. Biden habe die Dokumente aus seiner Zeit als Vizepräsident zwar „vorsätzlich“ behalten, eine strafrechtliche Anklage sei in dem Fall aber nicht gerechtfertigt, erklärte Sonderermittler Robert Hur am Donnerstag. Biden wirke wie ein „wohlmeinender, älterer Mann mit einem schlechten Gedächtnis“.

In seinem Bericht hob Sonderermittler Hur erhebliche Unterschiede zwischen der Dokumentenaffäre um Biden und jener um seinen republikanischen Vorgänger Donald Trump hervor. Während Biden Geheimdokumente freiwillig dem Nationalarchiv übergeben und während der Ermittlungen kooperiert habe, habe Trump sich „über viele Monate“ geweigert, die Dokumente zurückzugeben. Zudem habe Trump laut der gegen ihn erhobenen Anklage „Dritte damit beauftragt, Dokumente zu vernichten und dann darüber zu lügen“. Trump muss sich wegen der Dokumentenaffäre voraussichtlich ab Mai vor Gericht verantworten.

Hurs Bericht enthielt aber auch Anmerkungen zu den geistigen Fähigkeiten des 81-jährigen Bidens. Während seiner Ermittlungen habe sich ergeben, dass Biden sich nicht an die Daten seiner Vizepräsidentschaft unter Barack Obama (2009 bis 2017) und des Todes seines an Krebs verstorbenen Sohns Beau Biden im Jahr 2015 erinnern könne.

Diese Anmerkungen griffen die oppositionellen Republikaner umgehend auf. Der Vorsitzende des Repräsentantenhauses Mike Johnson und weitere Abgeordnete erklärten nach Veröffentlichung des Berichts, dieser sei „zutiefst verstörend“. In ihrer Mitteilung heißt es weiter: „Ein Mann, der zu unfähig ist, für den falschen Umgang mit geheimen Dokumenten zur Rechenschaft gezogen zu werden, ist mit Sicherheit ungeeignet für das Oval Office.“

Biden hatte in den vergangenen Tagen mit mehreren Versprechern bei öffentlichen Auftritten Aufsehen erregt. Am Mittwochabend sprach er bei einer Veranstaltung zum Einsammeln von Wahlkampfspenden in New York von einer Unterhaltung, die er beim G7-Gipfel 2021 mit Helmut Kohl geführt habe – der langjährige Bundeskanzler war jedoch schon 2017 verstorben. Stattdessen war Deutschland durch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vertreten. 

Schon vergangene Woche hatte Biden in einer Rede in Las Vegas den G7-Gipfel von 2021 erwähnt. Dabei verwechselte er Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron mit dessen vor fast 30 Jahren gestorbenem Vorgänger François Mitterrand, und bezeichnete diesen zudem zunächst als Staatschef Deutschlands. 

Umfragen zufolge sind die Menschen in den USA zunehmend besorgt wegen des hohen Alters von Biden, der ein zweites Mal für die Präsidentschaft kandidieren will.

Das Weiße Haus begrüßte die Entscheidung des Sonderermittlers, Biden nicht anzuklagen. Es kritisierte aber „fehlerhafte und unangemessene Äußerungen“ im Bericht des Sonderermittlers. 

In einem Brief an Hur schrieben die Anwälte Richard Sauber und Bob Bauer, in dem Bericht werde eine „sehr voreingenommene Sprache verwendet“, um ein „alltägliches Phänomen unter Zeugen zu beschreiben: dass diese sich nicht an Ereignisse erinnern können, die mehrere Jahre zurückliegen“. Solche Anmerkungen seien „fehl am Platz in einem Bericht des Justizministeriums“.

Biden selbst äußerte sich „erfreut“ über die Entscheidung zur Dokumentenaffäre, die er so erwartet habe. Die Angelegenheit sei damit „abschlossen“, erklärte der Präsident. Er habe sich während seiner Zeit als Politiker „stets für den Schutz der Sicherheit Amerikas“ eingesetzt, fügte Biden  hinzu. „Ich nehme diese Themen ernst und niemand hat jemals daran gezweifelt.“

Ende 2022 waren in einem früher von Biden genutzten Büro rund ein Dutzend vertrauliche Regierungsunterlagen aus seiner Zeit als Vizepräsident gefunden worden. Anschließend wurden auch in Bidens Garage und in seinem Haus in Wilmington im Bundesstaat Delaware weitere geheime Dokumente entdeckt. Justizminister Merrick Garland setzte daraufhin den früheren Bundesstaatsanwalt Robert Hur als Sonderermittler im Fall Biden ein. Hur war einst von Trump zum Bundesstaatsanwalt ernannt worden.

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