Eis und Schnee, ewige Nacht: Die vierte Staffel von „True Detective“ spielt in Alaska, gedreht wurde aber größtenteils nicht auf US-Boden.
„Eine blasse Sonne wankt und stirbt über der endlosen Eisfläche, der letzte Splitter schrumpft schnell. Es ist das Letzte der Sonne, das dieser Teil der Welt einen Monat lang sehen wird. Titel: 150 Meilen nördlich des Polarkreises. Ennis, Alaska. 17. Dezember. Der letzte Sonnenuntergang des Jahres.“ Schon diese wenigen Zeilen aus dem Drehbuch zur ersten Episode von „True Detective: Night Country“ machen klar, dass die Reise durch das „Nachtland“ für die Schauspielenden sowie Zuschauerinnen und Zuschauer eine mehr als nur ungemütliche wird.
In der aktuellen Staffel des HBO-Crime-Dramas, die in Deutschland seit Mitte Januar bei Sky und Wow zu sehen ist, ermittelt Hollywood-Legende Jodie Foster (61) mit Profiboxerin und Schauspielerin Kali Reis (37) im undurchsichtigen Fall von acht vermissten Männern einer Forschungsstation. Herumschlagen müssen sich die beiden in sechs Episoden auch mit Dunkelheit und hohen Minusgraden.
Ein fiktives Städtchen ist der Schauplatz für „True Detective: Night Country“
In der ersten Staffel der Anthologie-Serie ging es für Woody Harrelson (62) und Matthew McConaughey (54) in die Bayous von Louisiana. Colin Farrell (47), Vince Vaughn (53) und Rachel McAdams (45) verschlug es in Staffel zwei nach Kalifornien. In der dritten fanden sich Mahershala Ali (49) und Stephen Dorff (50) in den Ozarks wieder. Foster und Reis ermitteln in Ennis, Alaska. Das Städtchen ist zwar fiktiv, orientiert sich laut Medienberichten aber an der nördlichsten Stadt der USA und deren Umgebung im Verwaltungsbezirk North Slope Borough – Utqiaġvik, ehemals Barrow. Weniger als 5.000 Menschen leben gemäß einer Volkszählung aus dem Jahr 2020 in dem Ort.
Zuschauerinnen und Zuschauer, die dem Horror-Genre nicht abgeneigt sind, könnten sich nicht zu Unrecht beim Schauen von „True Detective: Night Country“ an „30 Days of Night“ oder an John Carpenters (76) „Das Ding aus einer anderen Welt“ von 1982 erinnert fühlen. Showrunnerin, Regisseurin und Autorin Issa López erklärte Anfang Januar im Interview mit dem „A.V. Club“, dass der Sci-Fi-Horror-Kultfim zweifellos eine der wichtigsten Referenzen für die Staffel sei. Der Vampirfilm aus dem Jahr 2007 spielt unterdessen in Utqiaġvik.
Die Grenzen des menschlichen Durchhaltevermögens
Für die Serie wurde aber nicht lange in Alaska gedreht. Und dafür gab es mehrere gute Gründe. „So sehr wir auch den Elementen der Geschichte treu bleiben wollten, der Teil Alaskas, in dem wir drehen mussten – oberhalb des Polarkreises, wo sich die Nacht zu Monaten ausdehnt – besitzt nicht die [notwendige] Infrastruktur“, erklärte López „Total Film“. „Es ist eine große Produktion. Und in Alaska herrschen in den Monaten, in denen wir dort drehen wollten, Temperaturen von bis zu minus 36 Grad Celsius“, erzählte sie weiter. Dies übersteige nicht nur die Grenzen des menschlichen Durchhaltevermögens, es werde auch der Punkt erreicht, an dem die Kameras nicht mehr funktionieren.
Was López mit nicht ausreichender Infrastruktur wohl meint? Utqiaġvik ist vom Rest des Landes abgeschnitten, es führen von außerhalb keine Straßen zu der Stadt, die über einen örtlichen Flughafen erreichbar ist. Laut der für Tourismus zuständigen Alaska Travel Industry Association sind die Menschen vor Ort teils noch heute auf Walfang angewiesen. Das Fleisch wird als Nahrungsmittel verwendet, aus Blubber wird Öl gewonnen.
Daher machte sich das Team um die Showrunnerin auf in das tausende Kilometer entfernte Island – in und um die Hauptstadt Reykjavik, wo ein Großteil der Arbeiten stattfand. Zudem ging es in die nördlich gelegenen Orte Dalvik und Akureyri, wo die Filmschaffenden Ennis zum Leben erweckten.
Doch auch hier waren die Bedingungen während des Drehs herausfordernder als man sich vorstellen könne, erzählte die Showrunnerin dem „A.V. Club“. Es spiele keine Rolle, wie hart man sich den Dreh zuvor ausmale: „Du bist nicht darauf vorbereitet.“ Hinzu komme, dass sie als Mexikanerin die Kälte nicht möge. „Wir haben 49 Nächte in Reihe gedreht, insgesamt 120 Tage. Und diese 49 Nächte, die meisten davon draußen im Eis, machen auf eine wunderbare Weise etwas mit dir“, erläuterte sie.
Vereinzelt habe die Crew bei minus 23 Grad Celsius gedreht, was sich aber darauf auswirke, wie Zuschauerinnen und Zuschauer die Serie erleben. „Mir war kalt, als ich [die Serie] gesehen habe“, sagten López zufolge viele der Menschen, die die aktuelle Staffel verfolgen – und das sei so, „weil wir dort waren, weil den Schauspielern kalt war, weil den Filmemachern kalt war“. Es müsse so sein, „um dieses körperliche Gefühl wirklich über die Leinwand zu übermitteln“.