Formel 1: Lewis Hamilton zu Ferrari: Mehr Größenwahn geht nicht

Formel-1-Rekordweltmeister Lewis Hamilton wechselt 2025 zu Ferrari. Für beide Seiten geht damit ein Traum in Erfüllung – aber ob es am Ende mehr wird als eine Zirkusnummer, muss sich erst erweisen.

An der Börse sind sie auch durchgedreht. Die spektakuläre Verpflichtung von Rekordweltmeister Lewis Hamilton hat den Aktienkurs von Ferrari auf ein Rekordhoch getrieben. In den sozialen Medien weltweit erreichten die Postings zum Thema astronomische Zahlen und die internationalen Medien überboten sich mit Superlativen. Kurzum: Der Wechsel des Briten zum italienischen Rennstall ab der Saison 2025 ist über die Formel 1 hinaus einer der größten Sportcoups aller Zeiten. Das darf man ohne Übertreibung behaupten.

Es bleibt die Frage nach dem Warum. Hat Hamilton den Glauben daran verloren, dass Mercedes ihm ein siegfähiges Auto hinstellen kann, mit dem er in der Lage ist, den achten WM-Titel zu gewinnen? Oder ist es es pure Romantik? Jeder Rennfahrer auf dieser Welt träumt von Ferrari, dem größten Mythos des Rennsports. Oder ist es das viele Geld, das die Italiener dem Briten zahlen werden? Er werden Summen von 80 Millionen Euro per annum kolportiert.

Mercedes wird kalt erwischt

Tatsache ist, dass der Wechsel überraschend kommt. Nicht mal Mercedes und dessen Teamchef Toto Wolff waren darauf vorbereitet, dass Hamilton nach elf Jahren und sechs gemeinsamen WM-Titeln den Abgang wagt. Erst im August des vergangenen Jahres hatte Hamilton seinen Vertrag bei Mercedes um zwei Jahre verlängert. Wie sich jetzt herausstellte, hatte er offenbar eine Ausstiegsklausel in dem Papier verankern lassen, die er jetzt in Anspruch nahm.STERN PAID Michael Schumacher   15.00

Für Mercedes ist die Nachricht erst einmal ein Rückschlag. Das Team steckt in einer sportlichen Krise und hat den Anschluss an Red Bull verloren, das die Formel 1 mit Super-Fahrer Max Verstappen seit drei Jahren beherrscht. Der bislang letzte Sieg gelang 2022 dem zweiten Piloten, George Russell. Hamilton letzter Sieg im Silberpfeil datiert von Dezember 2021. Seither kämpft das Team mit Problemen. Es spricht viel dafür, dass Hamilton nicht mehr daran glaubte, dass Mercedes ein Comeback gelingt. Wie die Saison 2024 läuft, bleibt abzuwarten.

Lewis Hamilton will die perfekte Geschichte schreiben

Wahrscheinlich ist Hamiltons Motivation für den Wechsel ganz banal: Der Superstar möchte im Herbst seiner Karriere die letzte Chance ergreifen, in ein Ferrari-Cockpit zu steigen. Er wird 40 Jahre alt sein, wenn er das erste Mal für die Italiener auf die Piste geht. Es bedeutet für ihn die Möglichkeit, eine der gewaltigsten Geschichten der Formel 1 überhaupt zu schreiben: nach den mythischen Erfolgen von Michael Schumacher der Fahrer zu sein, der Ferrari wieder in den Rennsport-Olymp führt (nur der Finne Kimi Räikkönen schaffte das einmal mit viel Glück 2007) und sich mit acht Titeln zum alleinigen Rekordhalter in der Formel 1 aufschwingt. Größer geht es aktuell nicht.

Doch wie es nun mal mit großen oder eben größenwahnsinnigen Träumen ist: Sie gehen nicht immer in Erfüllung. Hamilton und Ferrari gehen ein hohes Risiko ein. Ferrari muss eine Saison lang mit Carlos Sainz auf einen Piloten setzen, der am Ende der Saison gehen muss. Das ist nicht unbedingt ein Motivationsschub. Jeder Zweikampf zwischen Ferrari und Mercedes auf der Rennstrecke kann zu einem Politikum werden. 

Genauso ungewiss ist es, ob sich Hamilton ab 2025 gegen Charles Leclerc durchsetzten wird. Leclerc ist erst 26 Jahre alt und ebenfalls ziemlich schnell. Und ob Ferrari 2026 ein WM-fähiges Auto bauen wird, steht ebenfalls in den Sternen. Seit den seligen Schumacher-Zeiten ist ihnen das im Grunde nicht mehr gelungen. Nur als sie einmal betrogen haben, waren sie an Mercedes und Red Bull dran. Fernando Alonso und Sebastian Vettel, die ebenfalls als Weltmeister zu Ferrari kamen, und die Italiener in glanzvolle Höhen führen sollten, wissen ein Lied davon zu singen. Sie scheiterten beide.

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