Bundeskabinett macht Strafverschärfung bei Kinderpornographie teilweise rückgängig

Die Bundesregierung macht die 2021 in Kraft getretene Strafverschärfung für den Besitz und die Verbreitung von Kinderpornographie teilweise rückgängig. Die Mindeststrafen sollen von einem Jahr auf drei beziehungsweise sechs Monate gesenkt werden, wie aus dem Gesetzentwurf hervorgeht, welcher der Nachrichtenagentur AFP am Mittwoch vorlag. Mit der Neufassung reagiert die Bundesregierung auf entsprechende Forderungen von Strafverfolgungsbehörden und Gerichten. Der Deutsche Richterbund begrüßte daher den Kabinettsbeschluss.

Hintergrund ist, dass mit der seit 2021 geltenden Regelung auch solche Menschen bestraft werden konnten, die sich nichts Strafwürdiges haben zuschulden kommen lassen – etwa Menschen, die das Material besaßen, um es zu melden und aufzuklären. „Insbesondere droht Menschen, die solches Material ungewollt – etwa im Rahmen einer Whatsapp-Eltern-Gruppe – zugespielt bekommen haben, eine Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr“, erklärte Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP). 

„Vergleichbares gilt beispielsweise auch im Falle von Lehrerinnen und Lehrern, die bei Schülern kinderpornographisches Material auf dem Handy entdeckt und es weitergeleitet haben, um betroffene Eltern zu alarmieren“, so Buschmann weiter. In diesen Fällen handelten die Beschuldigten erkennbar nicht aus eigenem sexuellen Interesse, sondern um eine Tat zu beenden, verhindern oder darüber zu informieren, heißt es in der Vorlage des Bundesjustizministeriums. 

Mit dem neuen Gesetz soll auch die automatische Einstufung als Verbrechen rückgängig gemacht werden. Dies sei „dringend erforderlich, um auf den großen Anteil jugendlicher Täter und Täterinnen angemessen und mit der gebotenen Flexibilität eingehen zu können“, heißt es in dem Entwurf. 

Denn auch diese agierten „in der Regel nicht, um sich durch den kinderpornographischen Inhalt sexuell zu erregen, sondern aus einem für den jugendlichen Entwicklungsstand typischen Antrieb wie Unbedarftheit, Neugier, Abenteuerlust oder Imponierstreben.“ Solche Fälle konnten bisher von der Staatsanwaltschaft nicht eingestellt werden.

Nachdem der Tatbestand im Jahr 2021 verschärft wurde, reagiert die Bundesregierung nun mit der Neufassung auf Kritik von Anwälten und Richtern, die die Verhältnismäßigkeit der Strafe in Einzelfällen nicht mehr gewahrt sahen. „Es ist höchste Zeit, dass die Bundesregierung die Hilferufe aus der Justiz und Betroffener aufnimmt und die gut gemeinten, aber schlecht gemachten Strafverschärfungen gegen Kinderpornografie aus dem Jahr 2021 korrigiert“, teilte der Deutsche Richterbund in Reaktion auf den Kabinettsbeschluss mit. 

Die Justiz müsse seit 2021 „eine Vielzahl von Fällen verfolgen, die eigentlich nicht vor die Strafgerichte gehören“, erklärte der Richterbund. Das binde viel Personal in den Staatsanwaltschaften und Strafgerichten. 

Durch die Absenkung der Mindeststrafen will es die Bundesregierung den Strafverfolgungsbehörden nun ermöglichen, Verfahren zu priorisieren, wenn dadurch ein andauernder Missbrauch beendet werden kann. Das Höchststrafmaß von zehn Jahren für besonders schwere Fälle bleibt erhalten. 

Die Union lobte zwar, dass die Regierung die Expertise aus der Justiz ernst genommen habe, vermisst aber eine „passgenaue Reform“. Die Regierung senke „undifferenziert den Strafrahmen für Kinderpornographie“, erklärte der rechtspolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion,  Günter Krings. Damit sei auch ein Verbreiten von Bildern und Filmen, die einen schweren Missbrauch darstellten, nicht mehr ein Verbrechen. „Die Ampel verringert somit den Kinderschutz“, so Krings.

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