Wie hätte der Stummfilm „Das Cabinet des Dr. Caligari“ geklungen, wenn es 1920 eine Tonspur gegeben hätte? Und wie lässt sich die Lücke heute schließen? Karl Bartos hat sich dieser Aufgabe angenommen.
Techno-Pionier Karl Bartos hat einen Stummfilm-Klassiker vertont. Die Musik zu dem expressionistischen Psychothriller „Das Cabinet des Dr. Caligari“ wird am 17. Februar 2024 in der Alten Oper Frankfurt uraufgeführt. Bereits am 9. Februar wird der komplette Soundtrack auf CD, Vinyl und digital zum Streamen oder Downloaden veröffentlicht. Auch wenn Bartos als ehemaliges Mitglied der Gruppe Kraftwerk bekannt wurde – ein Album mit elektronischer Musik ist die Platte nicht. Der ursprünglich klassisch ausgebildete Musiker ließ sich zunächst von den Bildern inspirieren. Schritte, Türen, Stimmengewirr und ähnliche Geräusche sind wirklich zu hören – nicht aber Sprache: Der Stummfilm bleibt ein Stummfilm und auch beim Album gibt es keinen Text. Ergänzend zu diesem Sounddesign hat Bartos Musik komponiert, die sich aus verschiedenen Quellen speist. Zum einen gibt es Anklänge an Barock, Romantik oder Klassik. Eine wichtige Inspirationsquelle war naheliegenderweise auch Musik aus der Zeit, in der der Film entstand, etwa von Arnold Schönberg oder Igor Strawinsky. Auch Minimalmusik mit ihren Wiederholungen floss in den Soundtrack ein. Anfangs habe er versucht, mit elektronischen Instrumenten zu arbeiten, hatte Bartos bei der Preview im November in Frankfurt am Main gesagt. „Aber das hat irgendwie nicht funktioniert. Das war nicht das, was ich sah.“ Also habe er versucht, die Musik „nicht zu sehr aus der Perspektive von heute zu machen“.
„Das Cabinet des Dr. Caligari“ aus dem Jahr 1920 von Robert Wiene erzählt von besagtem Dr. Caligari, der über einen Schlafwandler namens Cesare herrscht. Der Film ist ein surreales Spiel mit Wahn und Traum, mit Hirngespinsten und Schlafwandeln, mit Visionen und Surrealem. Der damals revolutionäre Film begeistert den Musiker auch heute noch: „Egal wie oft man ihn sich anschaut, er bewahrt sein Geheimnis. Wer hier wahnsinnig ist und wer nicht, ist und bleibt eine Frage der Interpretation“, zitiert das Plattenlabel Bureau B den Musiker. Viel Interpretationsspielraum gab es für Bartos auch bei der Musik: Die Originalmusik zu dem etwa 70-minütigen Werk ist nicht erhalten.