Bundesfinanzminister Lindner sieht Deutschland im internationalen Vergleich nicht mehr ausreichend „wettbewerbsfähig“. Er fordert eine Verbesserung der Standortbedingungen für Unternehmen.
Bundesfinanzminister Christian Lindner hat eine Debatte über den Standort Deutschland als „überfällig“ bezeichnet. Der FDP-Politiker sagte dem „Handelsblatt“: „Man stelle sich vor: Der Wirtschafts- und der Finanzminister gelangen beide zu der Erkenntnis, Deutschland ist nicht mehr ausreichend wettbewerbsfähig. Es ist unvorstellbar, dass dies nicht zu politischen Veränderungen führt.“
Sowohl Lindner als auch Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatten sich angesichts der Konjunkturflaute in Deutschland für eine Verbesserung der Standortbedingungen für Firmen ausgesprochen – allerdings haben sie unterschiedliche Vorstellungen.
Lindner: „Standort ist nicht mehr wettbewerbsfähig“
„Deutschland fällt zurück, weil das Wachstum ausbleibt“, sagte Lindner der Zeitung. „Der Standort ist nicht mehr wettbewerbsfähig. Eine Schuldenpolitik ist aber ökonomisch nicht sinnvoll.“ Der Bund zahle hohe Zinsen für Staatsverschuldung.
„Wir würden unseren Haushalt rasch strangulieren. Tatsächlich halte ich es auch nicht für erfolgversprechend, wenn die Politik entscheidet, welche Branche, welche Technologie und welches Unternehmen eine Zukunft haben soll, indem dort dann Subventionen gewährt werden. Wir müssen die Standortbedingungen für alle verbessern.“ Mitte des Jahres lege eine Expertengruppe auch Vorschläge für eine Unternehmensteuerreform vor.
Habeck hatte eine milliardenschweres, schuldenfinanziertes Sondervermögen zur Entlastung von Unternehmen ins Spiel gebracht. Das lehnt die FDP ab.
Kanzler verweist auf geplantes Wachstumschancengesetz
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte sich zurückhaltend zu der Debatte geäußert. Scholz verwies am Montag in Berlin auf das bereits geplante Wachstumschancengesetz, mit dem die deutsche Wirtschaft gefördert werden soll. Dies sei ein „sehr gutes Projekt“, zu dem gerade ein Vermittlungsverfahren zwischen Bundestag und Bundesrat laufe.
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke fordert Nachbesserungen am Wachstumschancengesetz. Im Deutschlandfunk nannte der SPD-Politiker zwei Gründe dafür, warum das Gesetz es noch nicht durch den Bundesrat geschafft hat. Ein Grund sei, dass die Länder den größten Anteil des Geldes bezahlen sollen, was zwar aus Bundessicht aufgrund der finanziellen Situation verständlich sei. „Aber die Länder erwarten dann zumindest, dass sie vorher danach gefragt werden, was denn im Wachstumschancengesetz passieren soll“, sagte Woidke im Deutschlandfunk.
Zudem seien einige vorgesehene Maßnahmen für viele Länder gar nicht relevant. Als Beispiel nannte Woidke die Industrieforschungsförderung. „Und ich hätte mir schon gewünscht, wie bei vielen anderen Sachen auch, dass die Länder, wenn sie denn schon mitbezahlen sollen, einfach frühzeitig mit eingebunden werden, wir gemeinsam darüber reden, was da vernünftig ist und was nicht vernünftig ist. Und das Wachstumschancengesetz in der heutigen Form ist so nicht vernünftig.“