Die Bezahlkarte soll mögliche Anreize für illegale Migration in Deutschland senken. Ob sie allerdings flächendeckend eingeführt wird, ist offen. In NRW sollen die Kommunen darüber entscheiden.
Nordrhein-Westfalens Kommunen sollen nach Angaben der Landesregierung über die Einführung der geplanten Bezahlkarte für Asylbewerber entscheiden und die entstehenden Kosten dabei auch selbst tragen. Es werde keinen Anschlusszwang für die Kommunen in Nordrhein-Westfalen geben, sagte eine Sprecherin der Staatskanzlei am Montag. Der Bund werde sich an den mit der Einführung der Bezahlkarte verbundenen Kosten nicht beteiligen. „Eine Übernahme der in den Kommunen entstehenden Kosten durch das Land ist in Nordrhein-Westfalen – auch vor dem Hintergrund der mit der Einführung verbundenen Entlastungen – nicht geplant“, erklärte sie. Zuvor hatte der WDR berichtet.
Beim Städte- und Gemeindebund NRW rief die Ankündigung der schwarz-grünen Landesregierung Kritik hervor. „Das Land hat bei der Bezahlkarte einseitig Fakten geschaffen, ohne vorher mit den Kommunen die Rahmenbedingungen zu besprechen. Das ist mehr als enttäuschend“, sagte Hauptgeschäftsführer Christof Sommer und fügte hinzu: „Für uns ist klar: Wenn Bund und Länder die Einführung einer Bezahlkarte beschließen, müssen sie auch vollständig die Kosten übernehmen.“
Eine Bezahlkarte könne Ämtern und Geflüchteten helfen, wenn sie einfach zu handhaben sei und Aufwand reduziert werde. „Vieles spricht dafür, sie flächendeckend einzuführen. Nur dann kann sie auch einen Beitrag leisten, Migration zu steuern.“
Mit der Einführung der Bezahlkarte für Flüchtlinge sollen Asylbewerberinnen und Asylbewerber künftig einen Teil der staatlichen Leistungen als Guthaben erhalten und nicht mehr als Bargeld. 14 von 16 Bundesländern einigten sich Ende Januar auf ein gemeinsames Vergabeverfahren, das bis zum Sommer abgeschlossen sein soll. Bayern und Mecklenburg-Vorpommern gehen eigene Wege, wollen aber ebenfalls eine Bezahlkarte einführen.
Mit der Karte soll unter anderem verhindert werden, dass Flüchtlinge Geld an ihre Familie oder Freunde ins Ausland überweisen. „Das ist aus meiner Sicht ein ganz wichtiger Schritt, um Anreize für illegale Migration nach Deutschland zu senken“, hatte der hessische Ministerpräsident und Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Boris Rhein (CDU), erklärt.
Die Düsseldorfer Staatskanzlei hatte zu der Einigung fast aller Länder auf ein Vergabeverfahren mitgeteilt, dass sich Nordrhein-Westfalen an der gemeinsamen Ausschreibung beteiligen werde. Die geeinten Standards enthielten zum Teil Möglichkeiten zur länderspezifischen Anpassung. Ob und in welchem Umfang solche Anpassungen in NRW vorgenommen werden, hänge unter anderem mit den technischen Möglichkeiten oder weiteren Akteuren, insbesondere den Kommunen, zusammen.
Die FDP-Landtagsfraktion kritisierte NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU). „In Berlin hat er es vollmundig gefordert, in NRW kommt es nicht flächendeckend – Ministerpräsident Hendrik Wüst fährt einen riskanten Schlingerkurs bei der Bezahlkarte für Flüchtlinge“, erklärte Fraktionschef Henning Höne am Montag. Statt den Kommunen zu helfen, überlasse Wüst ihnen die Entscheidung und finanzielle Last. „Diese Kehrtwende zur gemeinsamen Entscheidung der Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder Ende 2023 macht Wüst unglaubwürdig“, unterstrich der Oppositionspolitiker.
Der Städte- und Gemeindebund NRW wies in seiner Reaktion auf die Äußerungen der Staatskanzlei auf die ohnehin schon starke Belastung der Kommunen hin. „Die Kommunen zahlen für die Versorgung und Unterbringung der Geflüchteten schon viel zu lange drauf und sind auf Entlastungen angewiesen“, erklärte Sommer. Zusätzliche Aufgaben bedeuteten das Gegenteil. Auch die Beschäftigten arbeiteten „seit zwei Jahren am Limit“.